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Der Glaspalast
Mit dem Bau des Glaspalasts wird im Frühjahr 1863 begonnen. Vorbild ist der von Joseph Paxton für die Weltausstellung 1851 im Londoner Hydepark errichtete Crystal-Palace. Dieser nur aus Eisen und Glas gebaute Ausstellungspalast gilt als „Markstein auf dem Wege zur modernen Architektur“.
Der Entwurf zum Wintergartengebäude stammt von den Kölner Architekten Max Nohl und Joseph Felten und wird durch den Königlichen Hofbaurat Ferdinand von Arnim überarbeitet. Die Detaillierung und Bauausführung übernehmen der Königliche Bauinspektor Eduard Maertens und mit ihm die Ingenieure der Kölnischen Maschinen-Bau AG. Dieses Großunternehmen hat seit 1859 auch den Bau für den eisernen Dachstuhl und den Vierungsturm des Kölner Doms in Arbeit.
Modernster Ingenieurbau contra Schlossersatz
Die für damalige Zeiten mit den modernsten Mitteln und nach dem neuesten Stand der Technik industriell vorgefertigten Glas- und Eisenkonstruktionen sind als reine Ingenieurbauten eine „Kampfansage an die Stilarchitektur“. In Köln ist allerdings das Bedürfnis nach eben dieser repräsentativen schlossartig-historistischen Architektur sehr groß. Denn auf Grund des jahrhundertealten Status als freier Reichsstadt gibt es in Köln keine Adelspaläste. So kommt es zu einer, mit dem Glashaus kombinierten, reich gegliederten Fassade aus gelben Handbrandziegeln. Sie setzt sich aus Elementen der Neorenaissance und des romanischen Rundbogenstils mit Anklängen des Maurischen Stils zusammen.
Filigrane Transparenz im Glaspalast
In der Vierung, dem Durchdringungspunkt der beiden feingliedrigen Tonnengewölbe mit ihren reich ornamentierten Bögen und den eindrucksvollen Fensterrosetten entsteht der festliche Mittelpunkt der Flora. Im hier liegenden Ballsaal korrespondieren die dekorativen Blüten-, Blatt- und Rankenornamente der gusseisernen Säulen und ihrer Kapitelle mit den echten tropischen Pflanzen. Das darüber „schwebende“ glaseiserne Tonnengewölbe verleiht dem riesigen Raum eine lichte, filigrane Transparenz. „Aus einem Nebenkabinett führt eine Treppe hinaus auf ein Belvedere, von dem man die Zeichnung des Französischen Parterres genau unterscheidet, außerdem aber entrollt sich dem Blicke ein prachtvolles Panorama bis weit in die blaue Ferne. Ganz im Hintergrunde prangt der Kölner Dom.“ Von hier erschließt sich auch die Landschaft des Glasdachs in ihrer gläsernen Pracht.
Schweißtreibende Bälle
Allmählich bemerkt man, dass die Verknüpfung eines Palmenhauses mit seinem auf die Lebensbedingungen der tropischen Pflanzen ausgerichteten schwül-warmen Klima mit
Ballsaal und Restaurant schwer vereinbar ist. Entsprechend der damaligen Mode tragen die Herren Frack - schlimmer erwischt es die Damen, die mit ihren üppigen Krinolinen- und Tournüren eng auf Wespentaille geschnürt sind. Die Vorstellung von mehreren Hundert derart gekleideter Personen, die im feucht-tropischen Klima sich temperamentvoll im Walzertakt drehen ist erheiternd. Die Kölner Gesellschaft gerät hier mächtig ins Schwitzen.
Abbildungsnachweis:
Gerd Bermbach, Joachim Brobmeier, Matz und Schenk (Dombauhütte Köln), Rheinisches Bildarchiv