Die neuen Schaugewächshäuser
Die Perspektive zeigt die neuen Schaugewächshäuser, die ab 2023 ein Höhepunkt in der historischen Flora sein werden. Peter Joseph Lenné hätte seine Freude daran. Die klassische Parabelform, die schon bei den Glashäusern des 19. Jahrhunderts zur Anwendung kam, ist keine nostalgische Kopie. Es ist die optimale Bauform, die den Stahleinsatz minimiert und den Lichteinfall optimiert. Die nach neuestem technischem Stand gefertigte Verglasung wird die bestmögliche UV-Durchlässigkeit für das Wachstum der Pflanzen und gleichzeitig die höchstmögliche Energieeinsparung sichern. Mit einer Regenwasserzisterne wird der Bedarf an Gießwasser und zur Luftbefeuchtung gedeckt.
Um den „Tropischen Hof“
Die Neubauten entstehen mit 2.000 m² auf dem gleichen Grundriss wie die alten Bauten um den Tropischen Hof mit seiner mächtigen Libanonzeder herum. Sie werden nicht breiter, aber mit rund 16,70 bzw. 7,50 m deutlich höher sein, um Bäumen und Palmen in Zukunft ausreichend Raum zum Wachsen zu bieten. Die wertvollen Pflanzenschätze der alten Schauhäuser werden als Höhepunkte in die neuen Landschaften integriert. Dann wird ein 400 m langer, barrierefrei ausgebauter Entdeckerweg durch Höhenunterschiede so inszeniert sein, dass überraschende Perspektiven in die Weite der Tropenlandschaft oder auf Gruppen winziger, steinbewohnender Sukkulenten entstehen. Der Rundgang durchläuft den tropischen Nutzpflanzengarten mit seinen essbaren Blüten, Blättern und Früchten, die die Welt ernähren und erreicht dann die Pflanzenvielfalt des tropischen Regenwalds mit einem Tropenteich und der ihn querenden Brücke. Anschließend führt er durch einen Felsencanyon im „Evolutionslabor Wüste“, dessen Sand- und Felslandschaften seltenste und daher streng geschützte Pflanzenarten wachsen lassen. Hier wird „Globales Lernen“ für einen nachhaltigen Umgang mit den wertvollen Pflanzenressourcen lebendig dargestellt. Vom Wüstenhaus wird der Weg den Besucher trockenen Fußes durch die 360 m2 große, verglaste Orangerie zum Subtropenhaus mit der berühmten Kameliensammlung der Flora führen. Die Orangerie bietet Raum für die Erweiterung dieser Kollektionen, Platz zur Überwinterung der Kübelpflanzen sowie für Ausstellungen.
Ferne Tropen – spannende Wüsten
Die vier Schaugewächshäuser der FLORA ermöglichen einen Kurzurlaub in den „Kölschen Tropen“ das „Labor Wüste“ und zu den „Kamelien und Baumfarnen“. Mit dem Spaß verbunden werden das „Forschende Lernen“ und die „Globale Bildung zur Nachhaltigkeit“ von Kindern, Schülern, Studenten und den mehr als 1,3 Millionen Besuchern der FLORA.
Pflanzen – die Basis allen Lebens
90 % der Pflanzenvielfalt der Erde wächst in den Subtropen und Tropen, nur 1% in Deutschland. Pflanzen als Primär-Produzenten ernähren uns und alle Tiere, sie produzieren den Sauerstoff, kleiden uns, liefern Medikamente und Baustoffe für unser Überleben.
Intakte Ökosysteme, ein stabiles Klima und gesunde Böden basieren auf einer artenreichen Pflanzenwelt. Die lebendige Anschauung bei dieser „Globalen Bildung“ – en passant beim Kurzurlaub in den Schauhäusern oder in expliziten Bildungsprogrammen – führt zu einer emotionalen Begeisterung und höherer Wertschätzung der Pflanzenwelt.
Locken mit Schönheit, bestäuben mit Wissen
In der FLORA gelingt dies dank der Vereinigung von Schönheit und Wissenstransfer besonders gut. So werden naturwissenschaftliche Interessen geweckt und künftige Fachkräfte und Wissenschaftler angeregt.
Die Schatzkiste FLORA
Die wertvollen Bestände des Botanischen Gartens aus Tropen und Wüste umfassen etwa 6.000 verschiedene Arten, darunter besonders alte und nach den Washingtoner Artenschutzabkommen streng geschützte, nahezu ausgestorbene Pflanzen.
Besondere Schätze, und entsprechend hohe Fachkompetenzen, hat der Botanische Garten Köln bei Aloen aus Afrika (125 Arten), Kakteen der Amerikas (1100 Arten), Sukkulenten (1000 Arten), Palmfarnen / Cycadeen (35 Arten), Orchideen (200 Arten), Palmen (100 Arten), Bromelien (75 Arten) und Kamelien (50 Wildarten / 650 Sorten).
Auch für die Forschung im weltweiten Netzwerk der Botanischen Gärten steht dieses „Grüne Gold“ bereit. Alle Pflanzen werden während des Neubaus in die Sammlungen und in ein „Übergangsquartier“ umgesetzt, einige nicht verpflanzbare Großpflanzen und Kostbarkeiten werden vor Ort beschützt und wieder in den neuen Schauhäusern zu sehen sein.
Neue Route für die Weltreise
Vom neuen Eingang an der Palmenallee geht es auf zu einer exotischen Weltreise. Auf dem etwa 500 m langen Entdeckerweg durch die neuen Schauhäuser geht es vollständig barrierefrei, topografisch inszeniert durch Höhenunterschiede und wechselnde Blickachsen, durch die Themenwelten des Pflanzenreichs.
Von den Tropen ...
Feuchtwarm ist es in den wechselnden Plantagen, bei den „Tropischen Nutzpflanzen“: sie sind uns als Nahrung sehr nahe und daher als Einführungsthema besonders geeignet. Eine Holzbrücke führt über den Tropenteich vorbei an einem Wasserfall, dann geht es langsam auf dem Höhenweg bis unter die Kronen der tropischen Bäume, wo die Pfeiffrösche flöten. Durch die Richtungswechsel gibt es ständig Neues zu sehen, und in der artenreichen Pflanzenwelt des Tropenhauses erlebt man den „Wert der Vielfalt“ ganz lebendig.
... durch die Wüste ...
Nach den scheinbar nur von Luft und Liebe lebenden Aufsitzerpflanzen und prächtigen Orchideen geht es in das „Evolutionslabor Wüste„. Hier brennt die Sonne auf die Trockenlandschaften. Vorbei an den bizarrsten WassersparSpezialisten im Pflanzenreich und zu fantastischen Kakteen hinab wandert man in einen Canyon. Die Lernfläche am Ende ist umgeben von südafrikanischen Kostbarkeiten aus Namibwüste, Quarzflächen und Drakensbergen.
... zum winterlichen Farbenmeer
Bei gemäßigten Temperaturen flaniert man anschließend durch die „Orangerie“ mit aktuellen Ausstellungen und attraktiven Kübelpflanzen hin zum Subtropenhaus. Im Winter erfreuen dort die international ausgezeichnete Kamelien-Ausstellung, im Sommer die wahrlich beeindruckenden Baumfarne und artenreiche Fuchsien.
Verführerische Live-Show
Um für zukünftige Ausstellungen, Lehre und Didaktik höchst flexibel zu sein und die kostbaren Pflanzenbestände und Fachkompetenzen in Köln optimal zu nutzen, wurde bewusst auf ein übergreifendes, geobotanisches Spezialgebiet verzichtet. Sehen, fühlen, riechen, verstehen wird das Motto sein – also, das Smartphone ausschalten! Neben der veränderten Architektur mit optimierten Wuchsbedingungen wird gerade das didaktische Konzept des sinnlichen Erlebens die Attraktivität des Ersatzneubaus der Schaugewächshäuser ausmachen.
Optimiertes Wachstum
Die unterschiedlichen Klimazonen werden durch den Einsatz modernster Materialien und Technik realisiert. Für ein optimales Pflanzenwachstum gerade auch in den lichtarmen Monaten ist eine für möglichst alle Wellenlängen des Lichts hoch durchlässige Hülle erforderlich, bei gleichzeitiger Anforderung der Wärmedämmung. Insbesondere für die maximale UV-B-Durchlässigkeit kommt daher die neu entwickelte Isolierverglasung mit Verbundsicherheitsglas aus speziellem Weißglas und einer integrierten UV-durchlässigen Folie zum Einsatz. Das Glas bietet Widerstand gegen die Witterung, das innen liegende Verbundglas die Sicherheitsanforderungen im Über-Kopfbereich bei Besucherverkehr. Im besonders energiehungrigen, warmen Tropenbereich wird zusätzlich eine Wärmeschutzbedampfung eingesetzt, bei den kühler kultivierten, aber noch lichthungrigeren Wüstenpflanzen kann diese entfallen.
Optimierte Besucherwege
Die „Orangerie“ stellt als 100 Meter lange voll verglaste Ausstellungs- und Eventfläche den Anschluss zum Subtropenhaus dar. Hier sind weitere 580 qm Raum für eine Erweiterung der bekannten Kamelien-Ausstellung, für Wechselausstellungen und für attraktive Kübelpflanzen auch in der Überwinterung. Mit dieser Fläche können zusätzliche Besucher gewonnen werden. Wegeausweitungen sind auch in allen anderen Bereichen der Schauhäuser als Lern-, Ausstellungs- und Eventflächen nutzbar. Die topografische Höhengestaltung im Tropenhaus wird durch die Überbauung notwendiger Technikräume auf der Seite des Betriebhofes erreicht. Die bisher dort untergebrachten Fahrzeuge werden logistisch günstig im südlichen Teil des Betriebshofes in neuen Garagen untergebracht.
Fotosynthese = Sonnenlicht + CO2 + Wasser
Gewächshäuser befördern das Pflanzenwachstum durch höhere Temperaturen aufgrund der Aufwärmung durch Sonneneinstrahlung. Sie erlauben dadurch die Kultur von Pflanzen aus wärmeren Klimazonen, zum Beispiel ganzjährig belaubt wachsender Tropengewächse. Trotz des gläsernen Witterungsschutzes benötigen diese in unserem Klima vor allem nachts und im Winter weitere Heizenergie.
CO2-Neutralität
Bei den neuen Schaugewächshäusern wurden dazu die Alternativen der Energieversorgung zusammen mit der Rheinenergie hinsichtlich der CO2-Neutralität und der Wirtschaftlichkeit geprüft. Unter anderem kommt in der Innenstadtlage ein Hackschnitzelwerk aufgrund der Lärm- und Staubelastung (einschließlich des erforderlichen Transportes zusätzlicher Energieträger) nicht in Frage. Die solare Energie wird direkt im Schauhaus genutzt – Dächer für Solarenergie stehen bei der Glasfassade nicht zur Verfügung. Darum wird die schon im Garten anstehende Fernwärme aus Niehl zum Einsatz kommen, die in der Summe am Standort CO2-neutral ist. Die innovative, hoch lichtdurchlässige und energiesparende Glasfassade führt dabei insgesamt zu einer Einsparung von mehr als 50% des Energiebedarfs (pro Volumen) konventioneller Gewächshäuser.
Kostbares Regenwasser
Für die Spezialisten und Exoten im Pflanzenreich wird besonderes Wasser benötigt. Kostbar ist das weiche Regenwasser, welches gesammelt in einer neuen, größeren Zisterne einen großen Teil des Gießwassers deckt. Der restliche Bedarf wird durch den Anschluss an den dann vorhandenen Grundwasserbrunnen, der derzeit für die Versorgung der Teiche im Garten geplant ist, bereit gestellt. Der Verbrauch des teuer aufbereiteten Stadtwassers wird vermieden. Das Grundwasser wird dann über eine Osmose-Anlage entsalzt und für die Verwendung als Gießwasser aufbereitet. Durch die Verwendung moderner Technik wird der Betrieb der neuen Schaugewächshäuser nachhaltiger und kostengünstiger gestaltet.